Der Staats-Anzeiger
Bismarck, North Dakota
25 December 1913
Film 3639, Vol. 8, No. 22, Page 6

Estevan, Saskatchewan, Canada
December 19, 1913

I finished school at John M. Jochim's in the community of Fallon, North Dakota, on December 12. Several positions are open for me, but I had to quit and come home due to bad health. It hurts me all the more because I had figured to stay in the Fallon area for seven or eight months.

On my way home I stopped in Bismarck, the state capital, for four days. I visited the honorable editor F. L. Brandt twice and was received most graciously. It was hard to say goodbye to Mr. Brandt, and I could barely take my leave from him. Just how Mr. Brandt always finishes his unending, time-consuming work is very puzzling, since he is repeatedly delayed by innumerable visitors. Mr. Brandt is a popular man with rare talent and is also in good health. He has to be thankful that he is capable of making up for the lost hours by working quickly. As I said, saying goodbye to Der Staats-Anzeiger was very hard for me, but I actually didn't dare take up any more of the editor's valuable time, since other people were waiting to see him.

While I was in Bismarck I stayed at the boarding house of John Haas. He receives many compliments from German people who are well served there for a modest price.

On Sunday, the 14th, I attended Mass in the Catholic Church, where the Most Reverend Bishop Wehrle himself preached the sermon. The spacious church was overflowing and many had to content themselves with standing room.

During my four-day stay I took in all the sights that are worth seeing, among them the large capitol building, where I spent an hour. I purchased a building lot in Bismarck and I might possibly build a house in the spring of 1914 and move there.

On the trip from Bismarck to Estevan I caught a bad cold, and when I got home I had to call the doctor and stay in bed. For a year now I have been plagued with various afflictions which, it seems, never want to go away.

During my stay with John M. Jochim in Fallon, I became acquainted with only a few people. One of them was Mathias Barth, a neighbor to my erstwhile landlord. He was an avid reader of books and newspapers and was well educated. His evening visits were always welcome to me. I thank him for these visits and send him fond greetings! Mr. Jochim's children, my charges, made satisfactory progress in reading and organ-playing. They play and sing a great number of spiritual and secular songs, and they have also sung a feast-day Mass in Gregorian chant.

If I move to Bismarck in the spring, I might be able to accommodate the other gentlemen in Fallon who asked for instruction in organ-playing and language. Already on the second day I was back, I was asked to conduct school in the Landau community, but I had to decline.

In Estevan we do not have the delightful sunny days that they have in the western part of North Dakota. The north wind here is icy cold and overcoats are advisable. We don't have any snow on the ground, and the ground is frozen deep. Nonetheless, life is brisk in the city and the stores are teeming with people who are eager to buy, because it is, after all, Christmastime. Everything is expensive except farm products, which are cheap.

Cordial greetings to my erstwhile landlord in Fallon, his wife and his children. I hope to hear something from them in the paper now and then, and I ask them to give Raymund Kautzmann and Stefan Saegemueller my regards.

Anton Jochim

Irma Geiss Katz Collection, Skokie, Illinois
Translation by Raymond C. Backes, Altadena, California, April 2004
© 2004 by Raymond C. Backes
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Am 12. Dezember endigte ich bei Herrn Johannes M. Jochim in der Gemeinde Fallon N. D. den Schulunterricht. Mehrere Stellungen standen mir weiter offen, aber ich mußte infolge zerrütterter Gesundheit einhalten und nach Hause reisen. Es that mir das um so mehr leid, als ich gerechnet hatte, in Fallon und Umgegend siieben bis acht Monate zu verweilen.

Auf meiner Heimfahrt hielt ich mich vier Tage in Bismarck, der Hauptstadt Nord-Dakotas, auf, wo ich auch zweimal dem geehrtesten Hrn. Redteur F. L. Brandt meine Aufwartung machte und in liebenswürdigster Weise aufgenommen wurde. Der Abschied von Herrn Brandt fiel mir schwer auf's Herz und fast wollte es mir scheinen, als könne ich gar nicht von ihm scheiden. Wie eigentlich Herr Redakteur Brandt immer mit seiner unendlich zeitraubenden Arbeit fertig wird, da er von ungezählten Redaktionsbesuchern immer und immer wieder aufgehalten wird, ist fast ein Räthsel. Herr Brandt ist ein vielgesuchter Mann von seltenen Talenten und diesen auch gepaart mit fester Gesundheit, hat er es zu danken, daß er im Stande ist, durch rasches Arbeiten die verlorenen Stunden immer wieder nachzuholen. Wie gesagt, der Abschied vom Der Staats-Anzeiger fiel mir schwer, aber ich durfte wirklich die kostbare Zeit der Redaktion nicht mehr in Anspruch nehmen, zumal viele andere Leute warteten um mit Herrn. Brandt zu sprechen.

Während meines Aufenthalts in Bismarck hielt ich mich im Speisehaus des Herrn Johannes Haas auf, der auch viel Zuspruch von deutschen Leuten erhält, die zu mäßigen Preisen gut bedient werden.

Auf Sonntag den 14. Dezember wohnte ich dem Gottesdienst in der katholischen Kirche bei, woselbst der Hochwürdigste Herr Bischof Wehrle die Predigt hielt. Das geräumige Gotteshaus war überfüllt und viele mußten sich mit Stehplätzen gnügen.

Ich nahm während meines viertägigen Aufenthaltes alle Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein und durchwanderte auch eine geschlagene Stunde lang das große Capitolgebäude. Ich kaufte mir eine Baustelle in Bismarck und es ist möglich, daß ich mir dort zum Frühjahr 1914 ein Wohnhaus baue und dorthin übersiedele. (Soll uns herzlich freuen! -Red. Der Staats-Anzeiger.)

Auf der Fahrt von Bismarck nach Estevan zog ich mir aber eine schlimme Erkältung zu, mußte hier den Arzt rufen und das Bett hüten. Seit einem Jahre werde ich von verschiedenen Leiden geplagt, die wie es scheint kein Ende nehmen wollen.

Während meines Aufenthaltes bei Herrn Johannes M. Jochim in Fallon N. D., wurde ich mit nur wenigen Leuten bekannt, lernte aber in Herrn Mathias Barth, dem Nachbarn meines gewesenen Hauswirths, einen eifrigen Zeitungs- und Bücherleser und einen erfahrenen Mann kennen, dessen Abendbesuche mir immer sehr willkommen waren. Ich danke ihm für diese Besuche und übermittele freundlichen Gruß! Die Kinder des Herrn Jochim, meine Zöglinge, machten befriedigende Frotschritte im Lesen und Orgelspiel. Sie spielen und singen eine große Anzahl geistlicher und weltlicher Lieder und auch eine Gregorianische Festmesse wurde fertig eingeubt.

Sollte ich zum Frühjahr nach Bismarck N. D. übersiedeln, kann ich vielleicht die anderen Herren bei Fallon die Orgel- und Sprachunterricht wünschten befriedigen. Ich wurde schon am zweiten Tage meines Hierseins ersucht, in der Gemeinde Landau Schulunterricht zu geben, aber vor der Hand mußte ich ablehnen.

In Estevan aber haben wir nicht die wonnigen, sonnigen Tage wie im westlichen Theile Nord-Dakotas. Der Nordwind hier ist eisig kalt und Pelzwerk kommt gut zu statten. Schnee liegt auch hier nicht, aber das Erdreich ist tief eingefroren. In der Stadt aber herrscht reges Leben und in den Laden wimmelts von Kauflustigen, denn wir stehen ja in der Weihnachtzeit. Alles ist theuer, nur die Farmprodukte stehen niedrig im Preise.

Herzliche Grüsse an meinen gewesenen Hauswirth in Fallon N. D. und dessen Frau nebst kindern. Ich hoffe, ab und zu etwas im Blatte von ihnen zu hören und bitte, mich auch Herrn Raimund Kautzmann und Stefan Sägemüller empfehlen zu wollen.

Anton Jochim