Der Staats-Anzeiger
Bismarck, North Dakota
5 October 1915
Film 3639, Vol. 10, No. 11, Page 5

Bergfield, Saskatchewan, Canada
September 28, 1915

I have not let myself be heard from very much recently. As far as I know, no correspondence of mine has appeared in the paper since April, even though I am convinced that Editor Brandt still has several articles of mine in his keeping that are waiting to be published. (We have only one on hand.-Ed.) Now, as far as I am concerned, the editor does better to print news about the war, which are currently of the greatest interest to myself and all the readers of the paper, in place of my reports. Folks here enjoy reading Der Staats-Anzeiger, since the news reports from the battlefield are mostly short, meaningful, and faithful to the truth. The readers really like that, and the reports, like everything in Der Staats-Anzeiger, enjoy full credibility with them.

I would have liked to report many things in the meantime, but the war in these times causes the pen to become speechless. (But now that the paper appears twice a week, we can bring forth not only all of the news about the war, but also much correspondence. Precisely because of lack of space, it was absolutely necessary to issue the paper twice a week. This step has put an end to shortage of space.-Ed.)

However, I must report about the crop yield in this area, and it is a pleasure to note that it is very good, and in fact extraordinary in places. We had a copious snowfall in the middle of September that lasted 36 hours. But most of the grain had, naturally, been cut by that time. Eight days later we had a second snowfall, and we were tempted to believe that winter had set in. The grain that was pressed to the ground could only be cut with much effort. It is said, as the local papers note, that Saskatchewan has never seen such a huge crop as this year's. With that, Der Staats-Anzeiger, which, according to what I gather from the editor's remarks, has a claim on considerable sums of money from many people here, can also reap a good harvest in Canada. I don't think much of people who read the paper without paying for it, but it might well be that many have become downright poor through crop failures. All that has changed now, or at least it has meaningfully improved. (This is true. We have large sums outstanding in Canada, and certainly hope for payment this year. We now issue Der Staats-Anzeiger twice a week for $3 per year in Canada. The postage alone for each paper costs us $1.04 per year. Through the increase in price we are giving Canadians preference to all other foreign countries, and we hope that this will be duly recognized.-Ed.) Of course, grain prices have fallen as a consequence of the large crops, while the price of other merchandise has gone up. Still, we hope that grain prices will go up and that the farmers who don't have to sell right away will probably receive a better price.

Since the beginning of September we have had unfavorable weather, now rain, now fog, now snow and frost. That hampers the threshing. If October doesn't offer us better weather, most of the grain will remain unthreshed until winter or next spring.

I myself have not been idle this summer. Since July 5 I have given German lessons in our newly constructed little church, and will probably continue with these until November 1. During this time I have also formed a choir consisting of boys and girls, even though the pupils, at the beginning of school, didn't know the difference between "A" and "B". The role of organist, which I undertook at the insistence of the parish, is not burdensome to me, since the young innocents go to work quite constantly and vigorously.

John Haas in Bismarck, North Dakota has answered none of my letters. I would like to have from him the address of a doctor who allegedly cures epilepsy. I wonder if this Mr. Haas, if he is a subscriber to the paper, won't wake up? (He is a subscriber.-Ed.)

I send my sincere greetings to Editor Brandt and to all the readers!

Anton Jochim

Irma Geiss Katz Collection, Skokie, Illinois
Translation by Raymond C. Backes, Altadena, California, November 2004
© 2004 by Raymond C. Backes
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Ich ließ in letzterer Zeit an neuen Berichten wenig oder nichts von mir hören. Seit April erschien, soviel ich weiß, von mir keine Korrespondenz im lieben Blatte, trotzdem ich überzeugt bin, daß Herr Redakteur Brandt noch einige meiner Artikel in Verwahrung hat, die der Veröffentlichung harren. (Wir haben nur einen solchen an Hand.-Red. Staats-Anzeiger.) Nun glaube ich aber selbst, daß die Redaktion besser tut, an Stelle meiner Berichte lieber Kriegsnachrichten zu bringen, die mir, wie gewiß auch allen Lesern des Blattes zurzeit vom größten Interesse sind. Der Staats-Anzeiger ist hier eine gerne gelesene Zeitung, da die Nachrichten vom Kriegsschauplatz meistens kurz und deutlich und wahrheitsgetreu gegeben werden. Das gefällt den Lesern sehr und die Berichte finden, wie alles was im Staats-Anzeiger erscheint, vollen Glauben im Leserkreise.

Gerne hatte ich inzwischen schon Manches berichtet, aber die jetzige Kriegszeit macht die Feder verstummen. (Seit nun aber das Blatt zweimal wöchentlich erscheint, können wir nicht allein alle Kriegsnachrichten, sondern auch viele Korrespondenzen bringen. Gerade weil Raummangel vorhanden, war es absolute notwendig, das Blatt zweimal wöchentlich herauszugeben. Dieser Schritt hat dem Raummangel ein Ende gemacht.-Red. Staats-Anzeiger.)

Berichten muß ich aber doch über das Ernteergebnis in dieser Umgegend, und es ist erfreulich zu konstatieren, daß es sehr gut, stellenweise sogar ausgezeichnet ist. Mitte September hatten wir reichlichen Schneefall, der 36 Stunden andauerte. Das meiste Getreide aber war natürlich schon geschnitten. Acht Tage darauf erfolgte ein zweiter Schneefall und man war fast versucht zu glauben der Winter habe seinen Einzug gehalten. Das zu Boden gedrückte Getreide konnte nur mit vieler Mühe geschnitten werden. Die Provinz Saskatchewan soll, wie hiesige Zeitungen melden,eine solche Riesenernte wie die heurige noch nie vorher gesehen haben und somit sollte doch auch der Staats-Anzeiger, der soviel ich aus den Bemerkungen der Redaktion entnehme, hier von vielen Leuten noch bedeutende Summen zu fordern hat, dieses Jahr eine gute Ernte in Canada einheimsen. Ich halte nicht viel von Leuten, die eine Zeitung lesen ohne sie zu zahlen, doch mag es ja sein, daß manche durch Mißernten recht arm geworden waren. Das ist nun anders geworden, oder hat sich wenigstens bedeutend gebessert. (Stimmt. Wir haben in Canada große Summen ausstehen, und hoffen sicher auf Zahlung dieses Jahr. Wir liefern jetzt den Staats-Anzeiger zweimal die Woche nach Canada für $3 aufs Jahr. Das Postgeld allein für jede Zeitung kostet uns $1.04 jährlich. Wir geben durch die Preisermäßigung unseren Lesern in Canada den Vorzug vor allen Lesern in anderen fremden Ländern und hoffen, dies wird gebuhrend anerkannt.-Red. Staats-Anzeiger.) Freilich sind die Getreidepresse infolge der großen Ernte auch gesunken, während andere Kaufmannswaren im Preise gestiegen sind, doch hofft man auf Steigen der Getreidepreise und die Farmer, die nicht gleich verkaufen müssen, werden wohl einen besseren Preis erhalten.

Seit Anfang September herrscht hier recht ungünstige Witterung: bald Regen, bald Nebel, bald Schneefall und Frost. Das hemmt die Drescharbeiten. Sollte nicht der Oktober uns besseres Wetter bieten, bleibt das meiste Getreide ungedroschen bis zum Winter oder kommenden Frühjahr.

Ich selbst bin auch diesen Sommer nicht müßig gewesen. Seit 5. Juli erteile ich deutschen Sprachunterricht in unserem neuerbauten Kirchlein und werde diesen wahrscheinlich bis 1. November fortsetzen. Ich bildete in dieser Zeit auch ein Sängerchor, aus Knaben und Mädchen bestehend, heran, obwohl die Zöglinge beim Schulanfang das A nicht vom B unterscheiden konnten. Der Organistendienst, den ich auf Drängen der Gemeinde übernahm, ist mir nicht lästig, da die jungen Unschuldigen recht fest und kräftig zu Werke gehen.

Herr Johannes Haas in Bismarck N. D. hat keinen meiner vier Briefe an ihn beantwortet. Ich hätte von ihm gerne die Adresse eines Doktors der angeblich Fallsucht kuriert. Wunder ob dies Herrn Haas, wenn er Leser des Blattes ist, nicht aufwecken wird? (Herr Haas ist Leser des Blattes.-Red. Staats-Anzeiger.)

Entbiete Herrn Redakteur Brandt und dem Leserkreise herzliche Grüße!

Anton Jochim